Willkommen zur großen Federighi-Show. Tim Cook überlies seinem Software-Chef über weite Strecken bid Bühne bei der Eröffnungsrede zur Entwicklerkonferenz WWDC 2014. Der Grund: die Betriebssysteme von iPhone/iPad und der Mac-Rechner wachsen noch enger zusammen. Federighi gestaltet die Vorstellung der Neuerungen in iOS 8 und OS X Yosemite sehr unterhaltsam und ist sich auch für Albernheiten nicht zu schade. Der Running-Gag ist seine Fönfrisur (Hair Force One).
Während die nächste Version des Betriebssystems für iPhone und iPad im Moscone Center in San Francisco vorgestellt wurde, gibt es weder ein “One more thing….” noch etwas Offizielles zum iPhone 6 – hier bleiben wir auf die Gerüchteküche angewiesen.
iOS 8 kommt im Herbst 2014
Die Suchfunktion Spotlight findet neben Einträgen aus dem Speicher auch aktuelle (Medien-)Nachrichten, Restaurants, Lieder in iTunes, Kinofilme und Apps im App-Store. Die neue Funktion QuickType schlägt beim Schreiben auf der Tastatur Wörter vor, so wie es die Autovervollständigung bereits tut. Allerdings soll dies viel schneller erfolgen und auch den Sprachstil mit dem jeweiligen Empfänger erkennen und auswerten (formaler Ausdruck oder Umgangsprace). Insgesamt wird das Schreiben damit beschleunigt. Außerdem unterstützt iOS 8 externe Tastaturen anderer Anbieter.
Continuity ist ebenfalls neu in iOS 8 (siehe OS X). Damit wird eine Brücke zwischen Desktop- und mobilen Geräten geschlagen. Die App Nachrichten wird überarbeitet und erhält neue Gesten. Außerdem kann man neben Text- auch Sprach- und Videonachrichten versenden, wie es schon lange bei Whatsapp möglich ist.
Die Enterprise-Funktionen für die Nutzung in Unternehmen werden in iOS 8 ausgebaut. Mit der App Health erthält das mobile Geräte eine “Zentrale” für Gesundheitsdaten, so wie Passbook für Buchungen und Eintrittskarten. Apps von Drittanbietern können hier Daten wie Gewicht, Blutdruck oder Körpertemperatur ablegen, so dass alle Gesundheits-Werte an einer Stelle im Gerät liegen. Apple arbeitet hierbei in den USA mit der Mayo Clinic zusammen.
Inhalte innerhalb der Familie zu teilen, wird einfacher. So können Medien-Einkäufe (Musik, Filme, Bücher, Apps etc.) aus den Apple-Stores innerhalb einer Familie geteilt werden – bis zu sechs Personen mit identischer Kreditkarte.
Sämtliche Fotos und Videos werden auf Wunsch in die iCloud übertragen und sind dort über die mobilen Geräte abrufbar. Somit hat man Zugriff auf mehr Fotos, als in den iPhone-Speicher passen. Dazu verbessert Apple die Suchfunktionen nach Orten, Zeiten und Fotoalben. Damit sind die kostenlosen fünf Gigabyte Speichervolumen schnell aufgebraucht. Darum senkt Apple die Preise. Zusätzliche 20 GB gibt es für $ 0,99 pro Monat. Die App Fotos wird für beide Betriebssysteme überarbeitet und um Bearbeitungsfunktionen erweitert.
Siri erkennt Titel und Interpret von Liedern via Shazam. Bei 1,2 Millionen Apps im Store wird das Finden der passenden App immer schwieriger. Daher erweitert Apple die Suchfunktionen im App Store z.B. um “Trending Searches”. Entwickler können mit App-Previews kurze Videos ihrer Programme präsentieren. Es wird Mengenrabatte beim Kauf mehrerer Apps geben. Außerdem erhalten App-Entwickler Zugriff auf weitere Schnittstellen in iOS 8. Dazu gehört zum Beispiel der Fingerabdrucksensor (Touch ID). In Sachen Heimautomation wird iOS 8 um das sogenannte HomeKit erweitert. Damit lassen sich auch ohne extra Apps Licht, Heizung und andere Dinge im Haushalt per iPhone und iPad steuern. Apple arbeitet hier mit den großen Herstellern wie Philips, Honeywell und Withings zusammen.
Apple führt in Xcode eine neue Programmiersprache mit dem Namen Swift ein, die Objective-C ablösen wird. Spiele-Entwickler erhalten mit Metal eine Beschleunigung bei der Rechenleistung für ihre Grafiken und Animationen.
iOS 8 kommt im Herbst 2014 als kostenloses Update und läuft auf iPads und iPhones (bis runter zum iPhone 4S).
OS X Yosemite rückt noch näher an iOS
Fred Federighi übernimmt auch den OS X-Part: Die nächste Version heißt Yosemite, nach dem US-Nationalpark. In OS X 10.10 können lokale Spotlight-Ergebnisse um Treffer aus dem Web, Wikipedia, Karten und Yelp erweitert werden. Die wesentlichen Änderungen sind vor allem grafischer Natur (Farben, Hintergründe, Transparenz etc.).
iCloud Drive: Sämtliche Dokumente – auch Windows-Dateien – kann man in der Cloud ablegen und sie werden über alle Geräte abgeglichen. Dazu zählen auch iPhone und iPad. Mit Yosemite funktioniert AirDrop endlich auch zwischen Desktop und iOS. Somit lassen sich kabellose Fotos, Karten und andere Dateien zwischen iPhone und MacBook verschicken. Dank der neuen Funktion Continuity erkennt der Desktop-Rechner, dass ein iPhone oder iPad in der Nähe ist. So lassen sich leicht Daten vom Desktop verschieben oder ein persönlicher Hotspot starten, ohne dass man das iPhone oder iPad in die Hand nehmen muss.
Mit Continuity werden auch Anrufe und SMS auf der Desktop-Oberfläche angezeigt. Der Laptop lässt sich als Freisprecheinrichtung für das Mobiltelefon nutzen. Geöffnete Webseiten lassen sich einfach auf die mobilen Geräte übertragen, auf dem Desktop angefangene Texte schreibt man auf dem iPhone zu Ende.
Das Mail-Programm bekommt die Funktion MailDrop. Damit werden große Dateianhänge via iCloud an den Empfänger geschickt. Oft gehen Mails nicht raus, weil der Empfänger-Server ein zu niedriges Datenlimit für Anhänge hat. Doch Fotos und Videos sind inzwischen oft mehrere Hundert MB groß. Mit MailDrop werden die Anhänge über die iCloud verschickt (bis zu 5 GB). Mac-Nutzer sehen die Fotos, Videos oder Dateien direkt im Mailprogramm, spüren den Umweg also gar nicht. Windows- und andere Nutzer sehen in der Mail einen Link zur iCloud, um die Anhänge herunterzuladen.
Mit Markup kann man in Dokumenten malen, zeichnen und unterschreiben. Das Programm erkennt per Hand gezeichnete Pfeile oder Sprechblasen und “verschönert” sie.
Yosemite kommt im Herbst 2014 als kostenloses Update. Inzwischen sind weltweit über 80 Millionen OS X Geräte aktiv, davon werden 51 Prozent mit Mavericks betrieben. Die Entwicklerkonferenz WWDC feiert in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag. 1990 ging es mit 1.300 Entwicklern los, die WWDC 2014 besuchen über 6.000 Entwickler aus 69 Ländern. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem Video, in dem sich Nutzer bei den neun Millionen registrierten Entwicklern für die tollen Apps bedanken.
Fazit: Apple hat hier nicht den großen Wurf gezeigt, den viele erwartet haben. Etliche Neuerungen kennt man bereits von Android oder Apps wie WhatsApp. Doch für die Entwicklergemeinde ist viel Neues und Praktisches dabei. Vor allem eins wird deutlich: Apple zieht den Zaun um seinen Apfelgarten noch höher. Wer einmal die Vorteile im Zusammenspiel zwischen MacBook und iPhone schätzen gelernt hat, wechselt nicht zu anderen Herstellern oder tauscht sein Windows-/Android-Gerät vielleicht sogar gegen ein MacBook/iPhone ein.
Wem die zweistündige Craig-Federighti-Show zu lang zum Anschauen ist, bekommt von Jonathan Mann eine musikalische Zusammenfassung in 3:24 Minuten.