Lob ist man bei der Bahn nicht unbedingt gewohnt. Entsprechend begeistert zeigte sich Birgit Bohle, Geschäftsführerin der DB Vertrieb, und ihr Team bei der Preisverleihung in Frankfurt über die Auszeichnung. Damit die Welt auch davon erfährt, lud die Bahn zwei Blogger, einen App-Experten und zehn Kunden in die Zentrale nach Frankfurt ein.

4.000 Bahn-Kunden hatten sich für den Termin beworben, nicht wegen der Preisverleihung, sondern für einen Workshop zum DB Navigator. Hier durften sie loswerden, was sie an der App stört, was gefällt und was fehlt. Die Produktmanager für die iPhone- und Android-Version hörten aufmerksam zu und beantworteten Fragen. So erfuhren die Teilnehmer, dass die Echtzeitinformationen, die bereits unter m.bahn.de angezeigt werden, bald auch App-Bestandteil sein werden. Die App berücksichtigt diese Informationen dann auch bei der Routenberechnung, wenn beispielsweise  ein verspäteter Zug noch an einem Umsteigebahnhof erreicht werden kann. Auch könne man die Zehn-Minuten-Grenze für den Ticketkauf vor Abfahrt eines Zuges durchaus noch etwas ausreizen, doch bei drei Minuten sei dann Schluss.

Wagenstandanzeiger, eine Angabe zur Auslastung der Züge bis hin zur sitzplatz-genauen Reservierung (wie im Flieger) reichten die Wünsche der Kunden. Nicken bei den Projektmanagern, aber es wurde auch deutlich, die Bahn ist ein großes, behördenartiges Unternehmen in dem viele Dinge nicht nur aus technischen Gründen scheitern oder etwas länger dauern. So ist den Kunden nicht klar, warum das Handyticket auf einigen Strecken der norddeutschen Tiefebene nicht funktioniert, warum man Bahntix nicht auch in der App einlösen kann und warum die City-Plus-Option beim Handyticket nicht gilt. Viel Lob gab es für die aktuellen Verspätungs- und Störungsmeldungen, die oft schneller in der App angezeigt werden, als am Bahngleis.

Die Kombination aus Kursbuch, Fahrplan und Ticketautomat hat auch die Jury der Initiative 365 Orte – Land der Ideen von der App überzeugt. Emanuel von Bodman, als Vertreter der Initiative und Jens Ferdinand von der Deutschen Bank überreichten den Preis an das Bahn-Team. Der Bundesverband der Deutschen Industrie rief Land der Ideen zur Fussballweltmeisterschaft 2006 ins Leben. Jeden Tag wird ein Preisträger ausgezeichnet, so dass bislang knapp 2.000 tolle Ideen unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten ausgezeichnet wurden. In diesem Jahr wird die Jury aus den sechs Kategorie jeweils einen Bundessieger küren. Im Internet kann man über einen Publikumspreis abstimmen. Hier hofft die Bahn natürlich, wieder mit dabei zu sein.

Als App-Experte war Birger Veit, Geschäftsführer von Celluar, in die elfte Etage des Bahn-Towers gekommen. In seinem Vortrag führte er die Zuhörer vom Wahnsinn des Wachstums über die digitale Sinnlichkeit einer App bis in die Zukunft: Smart TV und NFC (mobiles Bezahlen – das Ende der Kreditkarte). Aktuell belegten Googles Android und Apples iOS 80 Prozent des mobilen Datenverkehrs. Beides Neulinge im Mobilfunkmarkt, doch haben sie Elefanten wie Nokia, Motorola, Microsoft, HP sowie andere in die Schranken verwiesen. “Diese Unternehmen haben irgendwann nicht mehr weiter gedacht, sondern nur noch Bekanntes weiterentwickelt”, sagt der Hamburger, in dessen Unternehmen am Fischmarkt an der Elbe 80 Mitarbeiter Apps für Marken und Medien entwickeln.

Steuerungsgeräte wie die Maus seinen nun knapp 50 Jahre alt und hätten ausgedient. Es gehe um ein sinnliches berühren und begreifen von Bildschirmen. Das volle Erlebnis böten nur Apps und keine optimierten Webseiten, so Veit. Eine Ende der App-Economy sieht er nicht. Im Gegenteil, der Trend werde sich auf dem Fernseher fortsetzten.

Wie und wann Nutzer eine App einsetzen ist dagegen nicht immer planbar. Veit berichtet von einem erstaunlichen Phänomen, dass täglich exakt um 20:13 Uhr einsetzt und bis zu 500.000 Zugriffe den Server in die Knie zwingt. “Es ist die Zeit, wenn bei der Tagesschau die Wettervorhersage läuft und die Leute ihr Fernsehprogramm für den Abend planen”, verriet Veit. Damit hatte die App von TV Spielfilm lange Zeit ein Problem. Doch das ist bereits gelöst und die App hat die 2,5 Millionen Download-Marke geknackt. Das hat der DB Navigator noch vor sich, er wird  im Laufes des Jahres den zweimillionsten Download verzeichnen.