Dr. Olaf Coenen, Managing Director Electronic Arts
Dr. Olaf Coenen, Managing Director Electronic Arts Deutschland und Österreich

Nach jeder größeren Straftat eines Jugendlichen, der auch Computerspiele gespielt hat, bekommen wir eine Verbotsdebatte. Was halten Sie von gesetzlichen Sanktionen gegenüber der Spieleindustrie?

Coenen: Ich halte den Bezug zwischen Gewalt und Computerspielen für falsch. Zudem haben wir im europäischen Vergleich die schärfsten Gesetze zum Jugendschutz. Bei den Konsolen können Eltern das Freigabealter für Spiele einstellen. 90 Prozent aller Spiele erhalten eine Freigabe ab 12 Jahren. Insgesamt brauchen wir mehr Medienkompetenz bei den Jugendlichen. Da sind auch Eltern und Lehrer gefragt, um eine verantwortungsvollen Umgang mit Spielen zu vermitteln.

Die Politik spricht immer davon, den Kreativ- und Wissensstandort Deutschland zu stärken. Spüren Sie etwas davon?

Coenen: Ich würde mir wünschen, die Politik würde noch stärker die positiven Aspekte unserer Branche sehen. Einerseits fördern Spiele Kreativität und Lernen. Andererseits brauchen wir die berühmten “Knowledge Worker” in den Entwicklungsstudios, von denen sich leider viel zu wenige in Deutschland ansiedeln.
Ich hoffe, es lassen sich auch einige Vertreter aus der Politik auf der Gamescom sehen.

In wieweit ist die Spieleindustrie ein Wirtschaftsfaktor?

Coenen: Wir haben mit 1,57 Milliarden Euro Umsatz in 2008, nur bei der Software, ohne Konsolen, mit der Musikindustrie gleichgezogen. Die Kino-Branche haben wir bereits überholt. Von daher sind wir ganz klar ein Wirtschaftsfaktor. Zudem zeichnet sich unsere Branche durch Wachstum aus. Der BIU schätzt für dieses Jahr drei bis fünf Prozent. Das schaffen aktuell nur wenige Bereiche der Wirtschaft.

Nintendo hat mit der Wii eine komplett neue Zielgruppe für Spiele erschlossen. Was dürfen wir noch erwarten?

Coenen: Die neuen Bedienkonzepte mit Bewegungserkennung, wie sie Microsoft mit Natal oder Sony mit Motion-Controller gezeigt haben, dürften noch stärker die breite Masse für Spiele begeistern.

Haben Sie mit Ihren Spielen auf dem iPhone neue Nutzer gefunden?

Coenen: Ja, ganz klar. Nur ein Beispiel aus meinem privaten Umfeld: Ich konnte meine Frau nie begeistern, mit der Konsole zu spielen. Doch auf ihrem iPhone hat sie Spore und Scrabble bis zu Ende gespielt.

Wohin geht die “Reise” in Sachen Spiele auf den Smartphones?

Coenen: Das hängt ganz davon ab, wie viele Endgeräte die Anbieter verkaufen und wie leicht man seine Spiele auf die Smartphones bekommt. Apple hat das schon sehr gut gemacht. Vorher musste man ja für jedes Handymodell sein Spiel anpassen. Das war sehr mühsam.

Der AppStore ist mit 65.000 Apps extrem unübersichtlich. Sollte Apple einen eigenen Spiele-Store einrichten?

Coenen: Ich halte mich mit öffentlichen Ratschlägen an Apple zurück. Aber der Erfolg spricht für den AppStore. Apple ist bekannt dafür, immer wieder benutzerfreundliche Lösungen zu finden, da werden sie sich hierfür etwas einfallen lassen. Einen Spiele-Store sehe ich nicht. Wobei wir merken schon einen Unterschied, ob unsere App in den Top 100 vertreten ist oder nicht.

Wenn ein Entwickler zu Ihnen kommt und eine neue Spielidee präsentiert, worauf kommt es an?

Coenen: Einen Mangel an Ideen haben wir nicht. Allein für die Nintendo DS kamen zur Weihnachtszeit 650 neue Spiele auf den Markt. Die Konzepte sind also da. Ein neues Spiel muss dem Nutzer einen Clou bieten, etwas Neues, das er so noch nicht kennt. Natürlich spielen die Entwicklungskosten auch eine Rolle.

Wie teuer ist es denn ein Spiel zu entwickeln?

Coenen: Es ist ja nicht nur die Entwicklung, sondern auch Marketing, PR und die Arbeit mit den Communities. Nur ein tolles Spiel ins Regal zu legen, reicht nicht. Große Spiele schlagen mit 20 bis 30 Millionen US-Dollar Investitionssumme zu Buche.

Spielt Werbung in Spielen ein bedeutende Rolle bei den Einnahmen?

Coenen: Nein, keine bedeutende. Es ist ein weiterer Faktor in unseren Businessplänen. Die Werbung muss die Authentizität des Spiels unterstützen. Vereinfacht gesagt: Werbung darf nur dort auftauchen, wo es auch in der realen Welt passiert. Bannerwerbung in Fußballspielen ist also ein logischer Schritt.

Wie eng ist die Zusammenarbeit mit der Film- und Musik-Branche?

Coenen: Die ist sehr eng. Steven Spielberg hat mit uns Boom Box entwickelt. Derzeit arbeitet er an einem weiteren Spiel. Die wichtigen Personen im Filmgeschäft haben die Chancen erkannt. Ubisoft hat parallel zum Film Avatar von James Cameron das Spiel entwickelt. In der Musik ist es ähnlich. Wir sind eine tolle Promotionplattform für Bands. Wir bringen in Zusammenarbeit mit MTV Anfang September „The Beatles – Rockband“ heraus. Da kann man Beatles-Stücke nachspielen. Zeitgleich wird die EMI die größten Hits der Pilzköpfe digital neu abgemischt auf den Markt bringen.

Was ist Ihr Lieblingsspiel?

Coenen: Das sind Portal und Battelfield. Auf dem iPhone sind es Need for Speed undercover und Scrabble.

Dr. Olaf Coenen (38) ist Managing Director für Electronic Arts (EA) Deutschland und Österreich. Er ist seit vier Jahren für das Unternehmen mit Sitz in Köln tätig. Coenen ist seit seinen C64- und Amiga-Tagen spielbegeistert. EA hat aktuell 16 Spiele im deutschen AppStore, darunter Spore, Tetris, Monopoly und Need for Speed undercover.

Für die Gamescom, die ja direkt vor der Firmenhaustür in Köln vom 19. bis 23. August 2009 stattfindet, erwartet er mehr Aussteller und Besucher als bei der Vorläufer-Messe in Leipzig. Neben der Messe findet auch ein Gamescom Festival statt, bei dem die Toten Hosen, Bosshoss und Tomte auf der Bühne stehen.

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