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Erstes deutsches iPhoneDevCamp in München

Trotz des hochsommerlichen Wetters fanden sich am vergangenen Samstag etwa 40 iPhone-Interessierte in den Räumen von Boinx Software in Puchheim bei München ein. Sie waren gekommen, um den Tag statt am See in einem abgedunkelten Raum mit Vorträgen über die Entwicklung von Programmen für ein Mobiltelefon zu verbringen. Aber nachdem es eben nicht um irgendein Telefon ging, sondern unser aller Lieblingsgadget, waren die Gemüter der Angereisten auch hinter den Jalousien ebenso heiter wie die Erwartungen hoch. Und diese sollten denn auch nicht enttäuscht werden. Das Event, das als Satellitenevent zum iPhoneDevCamp in Kalifornien statt fand, bot mit sechs hochkarätig besetzten Vorträgen und anschließenden App-Demos jede Menge Informationen rund um die Entwicklung für Apples mobile Plattform.

Den Anfang machten Robert Klein und Stefan Niederreiter von App Records, die das Event in Zusammenarbeit mit Boinx Software organisiert hatten. Sie gaben in ihrem Vortrag „App Store: 365 days and beyond“ eine Übersicht in Zahlen und Fakten über das Marktumfeld der iPhone-Entwicklung. Der Nachrichtenwert einiger Charts dürfte für gut informierte iPhone-Fans zwar überschaubar gewesen sein, aber noch einmal in Zusammenhang gebracht und mit persönlichen Schlussfolgerungen versehen, ergaben die ausgewählten Daten doch einen interessanten Überblick. Über ein Fazit der beiden könnte man hier sicher gut diskutieren. Sie sind der Meinung, dass aufgrund der konzeptionellen Unterschiede zwischen klassischer Anwendungssoftware und mobilen Apps die Erfolgsdevise im App Store lautet: Cool beats Good. Sprich kleine Apps ohne sonderlichen Nutzwert aber hohem Blingbling-Faktor sind erfolgreicher als komplexe und durchdachte Tools. Die Frage hierbei wäre wohl nach der Nachhaltigkeit dieses Erfolgs.

Über ein sehr gutes Gegenbeispiel zu dieser These konnte der zweite Redner berichten. Tobias Stöger stellte die erfolgreichste Mobile Banking App des deutschen App Stores vor, sein iOutBank. Nachdem es die Applikation schon seit 2003 für andere mobile Plattformen, zuvorderst Nokias Symbian gibt, konnte Tobias anhand der Entwicklungsgeschichte von OutBank einen profunden Vergleich der Plattformen anstellen. Das Ergebnis überrascht hier sicher niemand: Das iPhone bietet das sowohl technisch ausgereifteste als auch infrastrukturell durchdachteste und rundum attraktivste Entwicklungsumfeld.

Wobei die auf den ersten Blick für den Entwickler nahezu ideale App Store-Infrastruktur auch einen zunehmenden Nachteil mit sich bringt: aufgrund der explodierenden App-Zahlen und der technischen Struktur des Stores haben es neue Apps immer schwerer den Kunden zu erreichen. Einen Weg, Aufmerksamkeit zu erzeugen, hat sich Holger Frank, Entwickler des erfolgreichen MobileButler ausgedacht und darüber seinen Vortrag gehalten: Die Marketingaktion „AppsForSale.de“ die am Valetinstag und zu Ostern dieses Jahres statt fand. Die zweite Auflage der Aktion war trotz gestiegener App-Zahl und vielfachem Marketingaufwand deutlich weniger effektiv, was wohl vor allem auf die durchwachsene Qualität des Angebots aber auch die Wahl des Aktionszeitraumes (Ostern) zurückzuführen war. Die Branche muss sich also weiterhin Gedanken über sinnvolle Marketingmaßnahmen machen und steht dabei noch weitgehend am Anfang.

Nach der Mittagspause wurde es etwas konkreter. Andreas Linde von Cultured Code, Macher des App Store-Verkaufsschlagers Things, sprach über mehr Effektivität im Entwicklungs-Prozess und konzentrierte sich dabei auf Verfahren zur Qualitätskontrolle mittels plausibler CrashReporter. Werner Jainek, auch von Culture Code,  hingegen gewährte einige wirklich spannende Einblicke in das sehr durchdachte und gut gestaltete Interaction Design von Things und zeigte dabei Tücken des iPhoneOS und geeignete Workarounds.

Den Abschluss der Vorträge machte Johannes Lechner mit einigen Gedanken und (Negativ-)Bespielen zum Thema Usability. Interessant sind seine Überlegungen zur Einbeziehung des aktuellen individuellen Kontexts des Users in das Verhalten einer mobilen Applikation. So könnte eine Fahrplan-App sich merken, wann der Benutzer welche Routen besonders oft abfragt und dann beim Start je nach Uhrzeit verschiedene Routeninfos bereit halten. Oder eine App merkt, wenn das Gerät nicht mehr viel Akkuleistung übrig hat und passt ihr Verhalten darauf an.

Nach den Vorträgen war noch genug Zeit um die eine oder andere mitgebrachte App zu besprechen, sei es im großen oder kleinen Kreis, bis gegen 19 Uhr der Livestream der Mutterveranstaltung in Californien gezeigt wurde. Insgesamt kann man den Veranstaltern durchaus gratulieren, innerhalb einer sehr kurzen Planungsphase (unter zwei Wochen) und ohne großem Budget eine kleine aber sehr feine Veranstaltung mit jeder Menge Information und Gelegenheit zu Austausch und Networking auf die Beine gestellt zu haben. Dank gebührt auch dem Team von Boinx, das Räumlichkeiten und Verpflegung bereit gestellt hat und ein sympathischer Gastgeber war. So ließen sich die verpassten Sonnenstrahlen vortrefflich verschmerzen.

Für alle, deren Interesse geweckt wurde: die ersten drei Vorträge sind bereits als Aufzeichnung des Videostreams verfügbar. Der Rest sowie die Präsentationsfolien sollen in den kommendenTagen folgen und sind dann auf der Projektseite zu finden.

Dirk Kunde: Dirk Kunde ist Journalist und Autor. Den roten Faden seiner Arbeit bildet die Frage: Wie verändert die Digitalisierung unser Leben? Dabei spielt Mobilität durch Smartphones, Tablets und Apps eine entscheidende Rolle.

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