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Facebook kauft WhatsApp – Das Messenger-Phänomen

Facebook kauft sich den Messenger WhatsApp. 19.000.000.000 Dollar in Bar und Aktien ist Mark Zuckerberg das Unternehmen aus dem kalifornischen Santa Clara mit seinen 50 Mitarbeitern wert. Und man dachte schon, eine Milliarde Dollar für den Bilderdienst Instagram wäre viel gewesen. Klar, WhatsApp ist populär, hat 450 Millionen aktive Nutzer pro Monat, von denen 70 Prozent die App täglich benutzen. Doch mir ist WhatsApp vor allem durch Negativ-Schlagzeilen aufgrund scheunentorgroßer Sicherheitslücken im Kopf. Der Popularität des Dienstes konnte das nichts anhaben. Soweit ich mich erinnern kann, war WhatsApp immer in den Top Ten des App-Stores vertreten. Aktuell steht die App auf Platz 6 der kostenlosen Apps. Dabei gibt es harten Wettbewerb bei den Mitteilungs-Apps, vom Facebook Messenger bis zu Apples iMessage (Nachrichten). Doch eventuell hat ein Umdenken in Sachen Sicherheit eingesetzt, bei den Bezahl-Apps hat es Threema gerade auf Platz 1 geschafft. Für 1,79 Euro bekommt man vergleichbare Chat-Funktionen, aber mit einer sicheren Ende-zu-Ende Verschlüsselung und Servern in der Schweiz.

Der WhatsApp-Erfolg

Seit 2009 gibt es den WhatsApp-Messenger und er eroberte die Nutzer-Herzen im Sturm. Plötzlich konnte man kostenlos SMS verschicken. Mehr noch: Text-, Sprach-, Foto- und Videonachrichten gingen an einzelne Empfänger oder man kommunizierte in Gruppen. Der Messenger funktioniert auf iOS, Android, Windows-Phones, Blackberrys und Nokia-Geräten. Somit war fast jeder per WhatsApp erreichbar, anders als bei iMessage. Vereinfacht gesagt, wurde WhatsApp zum Sargnagel der SMS. Zumal es die Mobilfunkprovider mit ihrem Joyn – sorry, man kann es nicht anders sagen, verkackt haben.

Katastrophaler Datenschutz

Doch ist dieser unglaubliche Erfolg für mich ein absolutes Phänomen. Die App hat sich seit dem Start optisch und funktional nicht viel weiter entwickelt. Es gibt keine Browser-Nutzung und auch keine iPad-App. Alles Kleinkram im Vergleich zu den Sicherheitsproblemen. Da wurden komplette Adressbücher von der App ausgelesen und unverschlüsselt auf die Server in den USA übertragen. Für Hacker war die Hürde, ein Profil zu übernehmen und in fremdem Namen Nachrichten zu versenden, nicht sonderlich hoch. Zwar wurde mit jeder Version eine Lücke geschlossen, doch kurz darauf tat sich eine andere auf. Mal warnte eine Hackergruppe, mal die Stiftung Warentest.

Im Januar 2012 flog die App für einige Tage komplett aus dem App-Store, war einfach nicht mehr herunterzuladen. Wie üblich sagte Apple nichts zu dem Vorgang. Für einen Magazin-Artikel über die Hintergründe stellte ich per Mail einige Fragen an die externe Presse-Frau. Die rief nach einigen Tagen am späten Abend bei mir an (die Zeitverschiebung schien sie zu ignorieren) und beschimpfte mich am Telefon. Wie ich es denn wagen könnte, solche Fragen zu stellen? Mir müsste doch klar sein, dass sie nichts sagen dürfe. Natürlich läge der Grund nicht an Sicherheitsbedenken. Einen Nachweis für ihre Aussage blieb sie mir natürlich schuldig.

Die Art zu kommunizieren war bei WhatsApp von Anfang an merkwürdig. Auf der Webseite findet man keine Adresse des Unternehmens. Der Ordner mit Pressefotos ist leer. Die Namen der beiden Gründer, Jan Koum und Brian Acton, werden nicht genannt. Dort heißt es nur, die beiden hätten zusammen zwanzig Jahre Berufserfahrung bei Yahoo auf dem Buckel. Daher auch ihre Werbe-Aversion. Whatsapp soll auch nach dem Verkauf werbefrei bleiben und als eigenständige Marke weitergeführt werden. Somit erzielt Facebook keine Synergien für seine eigene Plattform und kann auch sein Werbenetzwerk nicht erweitern. Was bekommt Facebook dann für seine rechnerisch 42,22 Dollar pro Nutzer? Erst Mal wenig. Jeder Nutzer zahlt ab dem zweiten Nutzungsjahr einen Dollar pro Jahr. Dabei dürften aber keine 450 Millionen Dollar pro Jahr zusammenkommen, denn iOS-Nutzer, die bereits vor der Preis-Einführung im Sommer 2013 den Messenger nutzten, werden nicht zur Kasse gebeten. In der App steht unter dem Punkt Service: Lebenslang.

Was will Facebook damit?

Was hat Facebook dann zum Kauf motiviert? Vielleicht die 450 Millionen Handynummern. Wobei sie die – teilweise – in ihrem Messenger bereits als freiwillige Angabe haben. Ein weiteres Motiv könnten Marktanteile außerhalb der USA sein. In Sachen Mitteilungen hat WhatsApp in Europa sowie Südamerika die Nase vorn. In Asien wiederum dominieren andere Player den Messenger-Markt. Was Facebook auf jeden Fall erhält: Etliche Zeilen Code, die sicherlich schon den nächsten Datenschutz-Aufreger parat halten.

Dirk Kunde: Dirk Kunde ist Journalist und Autor. Den roten Faden seiner Arbeit bildet die Frage: Wie verändert die Digitalisierung unser Leben? Dabei spielt Mobilität durch Smartphones, Tablets und Apps eine entscheidende Rolle.

Kommentare anschauen (1)

  • “seine rechnerisch 42,22 Dollar pro Nutzer” wohl eher das Doppelte, min 50 % sind schon bei Facebook!
    Warum gibt man so viel Geld pro User aus? Mal sehen was kommt Facebook will natürlich damit Geld machen.

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