Moderne Raum-Thermostate für die heimische Heizung regeln mit einer integrierten Zeitschaltuhr rauf und runter, die besseren Geräte haben noch so tolle Funktionen wie einen Partymodus – die Heizung wird abends nicht abgeschaltet. Eine automatische Anpassung an Sommer- und Winterzeit vermisse ich bislang bei den Geräten, die ich kennengelernt habe. Das Münchner Start-Up Tado ist angetreten, deutlich mehr Intelligenz in die Heizungsanlage zu bringen. Das Ziel: weniger Verbrauch und damit Einsparungen bei den Heizkosten. Durchschnittlich sind 27 Prozent weniger Energieverbrauch drin, ohne dass man auf Komfort verzichten muss. In einzelnen Fällen kann es deutlich höher ausfallen. Ich teste das System seit Mitte Januar 2013 in einem Selbstversuch und werde laufend berichten.
Wetter, Ort und Zeit
Das Tado-System erzielt die Einsparung mithilfe von drei Elementen: Wetterdaten, Aufenthaltsort der Nutzer und einem Zeitschema. Nach der Anmeldung unter my.tado.com kennt das System die Adresse und damit die aktuellen Wetterdaten für den Ort. Außerdem legt der Anwender einen Schlafplan fest, also Zeiten, an denen er zwar in der Wohnung ist, die Temperatur jedoch abgesenkt werden kann. Das Muster lässt sich getrennt nach Wochentagen und Wochenende einstellen. Wer mag, kann sogar jeden Tag der Woche einzeln mit einer An- und Abschaltzeit versehen. Falls im Haushalt Personen ohne Smartphone leben, beispielsweise die Großeltern oder Kinder, legt der Nutzer für sie zusätzliche Heizzeiten fest. Bereits hier kann man eine Heiztemperatur einstellen, beispielsweise 21 Grad, sowie die gewünschte Absenktemperatur. Den Rest erledigt die Tado-App.
Das System lernt: Anhand der App (gibt es für iOS und Android), weiß Tado wie weit weg die Bewohner sich aufhalten, also ob sich ein weiteres Absenken der Temperatur lohnt. Lacht die Sonne ins Wohnzimmer, muss die Heizung nicht die volle Leistung bringen. Aus dem Bewegungsmuster der Bewohner und den Wetterdaten kann Tado ein Optimum der benötigten Heizleistung berechnen. Dabei legt der Anwender in der App fest, ob er oder sie es lieber komfortabel warum haben möchte oder weitere Euros sparen. Falls die ganze Automatik mal daneben liegt, gibt es immer noch einen manuellen Modus, der sich in der App, der Desktop-Oberfläche und am Raum-Thermostat aktivieren lässt. Allerdings benötigt das System einige Tage, bis es den Dreh raus hat.
6,99 Euro Miete pro Monat
Das im Herbst 2011 gegründete Unternehmen befindet sich in der Beta-Phase. In Anlehnung an Apple heißt es: Designed in Munich assembled near Ammersee. Wer sich bei Tado anmeldet, erhält kurz darauf eine Box vom Ammersee mit der benötigten Hardware. Für die ersten 1.000 Kunden in der Beta-Phase ist diese Hardware im Abo-Preis enthalten (Wert 149 Euro). Die Nutzungsgebühr für Tado beträgt monatlich 6,99 Euro, die man über die Einsparung bei den Heizkosten schnell wieder drin haben sollte. Der Anbieter gibt dazu sogar eine Garantie. Wer im ersten Jahr nicht mindestens 120 Euro bei den Heizkosten spart, erhält die Jahresgebühr zurück. Bei der Kauf-Option (249 Euro) gilt das leider nicht.
In der Tado-Box liegt ein weißer Kasten, der den bisherigen Raum-Thermostat ersetzt. In meinem Fall ist dieser Temperaturfühler kleiner als der Vorgänger, was Malerarbeiten nach sich zieht. Schrauben und Dübel für die Tado-Box liegen bei. Hinzu kommt ein noch kleinerer Kasten mit drei LED-Leuchten. Den schließt man an seinen Router an. Ein Ethernet-Kabel (sehr kurz) liegt bei. Genau wie ein USB-Kabel, mit dem man die Stromversorgung abdeckt. Falls am Router keine USB-Anschluss frei ist, liegt auch ein Netzstecker bei.
Vorab Heizungs-Kompatibilität prüfen
Tado eignet sich als Heizungssteuerung für Thermen, Boiler und Wärmepumpen, egal ob in Etagenwohnungen oder Häusern. Bei Reihen- und Einfamilienhäusern steht der Heizkessel meist im Keller, der Router in einem der oberen Wohnräume. Hier kann es notwendig sein, einen weiteren Sensor mitzubestellen. Reicht die Funkleistung des Kästchens am Router bis zum Raum-Thermostat, ist man startbereit. Doch bevor man sich für das intelligente Steuerungssystem entscheidet, sollte man auf der Webseite prüfen, ob das vorhandene Heizungssystem mit Tado kompatibel ist.
Tados gelungene Montageanleitung
Wer sich die Selbstmontage der Hardware nicht zutraut, kann für 112 Euro via Tado einen Montage-Partner ins Haus holen. Die Verbindung mit der Router ist kinderleicht, da es nur Steckverbindungen sind. Für den Austausch des Raum-Thermostats gibt es eine gelungene Anleitung unter my.tado.com. Hier wählt der Nutzer seinen Hersteller sowie Modell aus und wird Bild für Bild durch die Installation geführt. Lediglich die Benennung der Anschlussklemmen ist etwas unpraktisch. In fast allen Thermostaten sind die drei Kabel mit 7, 8, 9 bezeichnet. Tado verwendet A, B, C. Hier kann man schon etwas durcheinander bringen, aber dafür liegt ein Aufkleber bei. So weiß man nach der Abnahme des bisherigen Thermostats, wohin die drei Kabel in der Tado-Box müssen. Steht die Verbindung zwischen Thermostat und Heizung (das grüne Licht hört auf zu blinken) und leuchten die drei grünen LED-Lichter an der Router-Box, kann es losgehen. Der Anwender nimmt seine Wunscheinstellungen in der passwortgeschützten Desktop-Oberfläche oder auf seinem Smartphone vor.
Erste Zwischenbilanz (6. November 2014)
Nach fast zwei Jahren im Testbetrieb wird es Zeit für eine Zwischenbilanz: Spart man mit Tado Geld? Ja! Tado ist seit Januar 2013 aktiv und in dem Heizjahr (9/2012 bis 8/2013) wurden 13.886 kWh benötigt, um die Wohnung warm zu bekommen. Im folgenden Jahr (9/2013 bis 8/2014) waren es nur noch 10.719 kWh. Also eine Ersparnis von 23 Prozent.
Schon mal ein super Ergebnis, doch schauen wir auf´s Wetter. Der Winter 2013/2014 war mit durchschnittlich 4,1 Grad Celsius, 146,8 Liter/qm Niederschlag und 151,8 Sonnenstunden in Hamburg ein sehr milder Winter. Im Jahr zuvor (2012/2013) lagen die Werte bei 1,2 Grad, 181,3 Liter/qm Niederschlag und nur 83,6 Sonnenstunden. Somit musste ich 2013/2014 weniger heizen und die Einsparung geht nicht allein auf Tado zurück.
Doch blicke ich weiter in die Vergangenheit meiner Heizrechnungen, sehe ich, die Ersparnis ist kein einmaliges Ereignis. Im Heizjahr 2009/2010 wurden bei mir 15.463 kWh verbraucht und 2010/2011 waren es 14.539 kWh. Somit ist die Tendenz klar, und wenn dieser Winter nicht allzu kalt wird, drücke ich meinen Verbrauch mit Tado unter die 10.000 kWh-Marke.