Wer achtet noch auf ganzseitige Anzeigen in Magazinen? Die meisten gedruckten Werbungen dürften geflissentlich überblättert werden. Für Werbetreibende lohnt sich das immer weniger – ein echtes Dilemma für die Verlage.
Das amerikanische Technikmagazin Wired testet in seiner aktuellen Ausgabe interaktive Anzeigen. Wobei: Die Anzeige ist eigentlich wie immer, der Leser erhält nur zusätzliche Informationen zum beworbenen Produkt auf sein Smartphone.
Dazu schießt man mit der kostenlosen App von Kooaba ein Foto des Anzeigenmotivs. Die App funktioniert auf dem iPhone aber auch auf Android Smartphones.
Insgesamt 47 Anzeigen bieten einen Zusatznutzen in der November-Ausgabe, so Verleger Howard S. Mittman aus dem Hause Condé Nast. Beim Test mit einem Foto der Glenfiddich-Anzeige fällt das Ergebnis enttäuschend aus. Das liegt nicht an der Bilderkennungssoftware des Schweizer Anbieters Kooaba. Sie arbeitet gut und meldet, dies ist die Whiskey-Anzeige von Seite 89. Doch der Hersteller hat gerade mal einen Link zur Webseite und eine “Empfehlungsmail” an Freunde hinterlegt. So sieht die Zukunft der interaktiven Anzeige bestimmt nicht aus. Auch LG verschenkt die Chance und verlinkt gerade mal zu Best Buy, wo man den beworbenen LCD-Fernseher für 2.199 Dollar kaufen kann. Microsoft bietet immerhin einen Link zu einem Video über Office 2007. Selbst T-Mobile, mit einem vierseitigen Advertorial in der Wired-Ausgabe vertreten, nutzt die Möglichkeiten besser. Neben einem Link zum Werbespot mit Whoopi Goldberg, kann man beim T-Mobile Kundenservice anrufen oder dem Unternehmen bei Twitter folgen. Das Google-Handy „My Touch“ 3G gibt es auch direkt für 150 Dollar zu kaufen – ein Klick genügt.
Wirklich alle Möglichkeiten nutzt der Armaturen-Hersteller Delta Faucet. Die Anzeige für einen Wasserhahn ist mit Amazon, der Unternehmens-Webseite und einem YouTube-Video verlinkt. Man kann dem Unternehmen eine Mail schreiben oder direkt anrufen. Neben der Empfehlung an Freunde per Mail kommen noch Empfehlungsmöglichkeiten bei Diensten wie Digg, Reddit und Twitter hinzu.
Interessant wäre es zu erfahren, welcher der 47 Anbieter die höchste Responsequote mit welcher Verlinkung hat. Der große Vorteil der Kooaba-Methode: Sie kommt ohne Barcode oder Zeichenfolge aus. Die Software erkennt das normale Anzeigenmotiv und zwar erstaunlich gut. Selbst wenn die Seite leicht gewellt vor der Linse liegt, von der Seite fotografiert wird oder das Motiv nur teilweise abgebildet ist, die App hat bei allen Versuchen fehlerfrei gearbeitet.
Das Schweizer Start-up entstand Ende 2006 als Spin-off der Eidgnössischen Technischen Hochschule in Zürich. Im ersten Schritt ließen sich damit Kinoplakate, CD- und DVD-Cover fotografieren und analysieren. Daraufhin erhält der Nutzer Trailer, Inhaltsbeschreibung und Kinozeiten aufs Handy. Bei CDs und DVDs führen Links zu iTunes, eBay und Amazon. Die geschossenen Fotos können dauerhaft auf dem Kooaba-Server abgelegt und später wieder aufgerufen werden.
Die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten liegen auf der Hand: Verkauf von Tickets mit einem Foto des jeweiligen Plakats für Konzerte oder Sportveranstaltungen. Das Foto eines Weinflaschenetiketts führt zu einer Weinbesprechung, und das Bild eines Denkmals liefert eine audiovisuelle Beschreibung der Sehenswürdigkeit. Ob diese Methode die gedruckte Anzeige retten wird, ist ungewiss. Die Entwicklungsmöglichkeiten für Kooaba und ihre Technologie sind allerdings überaus vielversprechend.
Kommentare anschauen (1)
Es scheint, als ob in der November Ausgabe jetzt auch redaktionelle Beiträge über kooaba verlinkt sind. Ich habe gerade den Artikel auf Seite 70 über Wes Anderson und seinen neuen Film Fantastic Mr. Fox fotografiert. Dabei kriege ich neben der vollständigen Seite und Option zum kommentieren auch Links zum Making Of Video, Spielzeiten und weitere Informationen zum Regisseur auf Wikipedia. Cool!