Chris Anderson, Chefredakteur der amerikanischen Zeitschrift Wired, bringt dieser Tage sein neues Buch “Kostenlos: Geschäftsmodelle für die Herausforderungen des Internets” in die Läden. “What´s the future of business – Free”, lautet der provokante Untertitel im Original. Nur konsequent, dass Anderson die sechs Stunden lange Audiofassung seines Werks kostenlos zum Download anbietet. Die gestraffte Drei-Stunden-Version kostet etwas – Zeit ist eben Geld.
Ganz grob zusammengefasst, sagt der Autor: In einer Welt, in der sich alle paar Monate der Preis für Prozessorleistung, Speicher und Bandbreite halbiert, muss der Preis für digitale Güter langfristig bei Null liegen. Denn die Grenzkosten für die Herstellung liegen nahe Null. Experimente zeigen, dass unternehmerischer Erfolg ganz entscheidend vom Preis abhängt und das kann bereits der Unterschied zwischen einem Cent und “umsonst” sein. Zudem liegen bei “umsonst” auch unsere kognitiven Transaktionskosten bei Null. Jede Kaufentscheidung geht mit einem Abwägen der Vor- und Nachteile einher. Wir haben Angst, die falsche Entscheidung zu treffen. Beim Preis “Null”, ist diese Angst minimiert. Auf der anderen Seite sinkt die Wertschätzung eines kostenlosen Produkts und somit der Umgang ins Bodenlose.
Wie sollen Unternehmen dann noch Geld verdienen, wenn Produkte nichts mehr kosten. Die Antwort lautet: Kombinationen. Je nach Produkt bieten sich Freemium- oder Premiummodelle an. Oft zieht das Kostenlos-Produkt, den Kauf eines anderen Produkts nach sich. Tintenstrahldrucker- und Nassrasierer-Hersteller, arbeiten in einer ähnlichen Weise.
Anderson ist bewusst, dass digitale Produkte, deren Kopie nichts kostet, immer das Opfer von Piraterie sein werden. Aber das ist nicht weiter schlimm, wenn man damit umzugehen weiß. Als Beispiel nennt er Monty Python, die sich furchtbar darüber aufgeregen, dass ihre Clips massenweise auf YouTube hochgeladen wurden. Ihre Reaktion: ein eigener Monty Python Kanal. Hier stellt die Komikertruppe sämtliche Videos in bester Qualität, teilweise noch unveröffentlichtes Material kostenlos zur Verfügung. Der Deal: Die Nutzer sollen die Links klicken. Auf diesen Seite kann man DVDs und Merchandising-Produkte kaufen. Und es funktioniert. Der Kanal macht Werbung für die Komiker und der Shop dahinter wird frequentiert.
Bei einem anderen Beispiel zitiert Anderson Steve Jobs (damit bekomme ich die Kurve zu Apple und zum iPhone – naja fast). Kostenloses File Sharing wird es immer geben, aber Menschen, für die Zeit Geld ist, werden die Kaufvariante vorziehen. Darum ist iTunes so erfolgreich. Es ist nicht nur die Zeit für die Suche, sondern auch die Gefahr, die falsche Datei zu erwischen, miese Tonqualität zu bekommen, keine vollständigen Songinfos zu bekommen, die Leute ab einem bestimmten Alter bzw. Einkommen dazu veranlasst, Musik und Filme zu kaufen. Bei iTunes zahlt man für Bequemlichkeit und Gewissheit.
Für alle wirtschaftlich Interessierten ist das Buch ein spannende Anregung mit vielen faszinierenden Beispielen. Dass Anderson ein heller Kopf ist, hat er bereits mit seinem Buch – mittlerweile ein Standardwerk in der Web-Welt – “The Long Tail: Nischenprodukte statt Massenmarkt” bewiesen.