Mit den Apps kam der Erfolg. Seit dem man mit seinem Smartphone für Flüge einchecken, Bahntickets kaufen und Taxis bestellen kann, fragen sich die Anwender: Was kann man damit Nützliches zuhause anstellen? Somit erlebt das Thema Hausautomation oder neudeutsch Smart Home einen unglaublichen Boom. Eine gesamte Branche ist elektrisiert. Der Durchbruch zum Massenmarkt wird für das Jahr 2017 erwartet, so die Smart Home Studie 2013. Rund 200 Unternehmen liefern dem Unternehmensberater Dr. Bernd Kotschi Antworten für diese jährliche Branchenbefragung. Danach haben bereits über 50 Prozent der Firmen entsprechende Produkte auf dem Markt oder in der Testphase.
Nach ersten, vielversprechenden Schritten kleinerer Start-ups wie tado oder digitalSTROM, betreten nun auch die Großen die Bühne. Der Stromkonzern RWE bewirbt Smart Home Sicherheitspakete für Feuer- und Einbruchsschutz (349,- €). Die Deutsche Telekom bündelt unter dem etwas gewöhnungsbedürftigen Namen Qivicon eine Plattform-Lösungen mit rund 25 Partnerunternehmen, darunter EnBW, Samsung, Miele und eQ-3. Das Starterpaket (300,- €) enthält zwei Funk-Heizungsthermostate, Rauchmelder und einen Steckdosenschalter. Auch Kabel Deutschland möchte das Geschäft nicht an sich vorbeiziehen lassen. In seinem Webshop bewirbt der Kabel-, Internet- und Telefonanbieter SmartHome-Komponenten von eQ-3.
Keiner mag Strippen ziehen
Dabei ist Hausautomation kein neues Thema. Die Steuerung von Licht, Rolläden und Hausgeräten gibt es schon lange. Den KNX-Standard, die europäische Norm zur Gebäude-Automation, gibt es bereits etliche Jahre. Doch sind die Lösungen teurer und der Anwender muss für die Steuerbefehle separate Leitungen verlegen. Wer sein System erweitern möchte, häufig umzieht oder in einer Mietwohnung lebt, wird KNX kaum in Betracht ziehen. Was die neuen Angebote eint: Sie setzen auf Funklösungen. Wobei so groß ist die Einigkeit auch wieder nicht, gefunkt wird per WLAN als auch DECT, Zigbee und EnOcean. Anbieter wie tado, die die Heizung nach Wetterbericht und Aufenthaltsort der Bewohner steuern, aber auch das Beleuchtungssystem Hue von Philips nutzen ein so genanntes Gateway für die Internetverbindung. In der Regel ist das ein kleines Kästchen, das per LAN-Kabel an den heimischen Router angeschlossen wird. Der typische WLAN-Router mit dem Vornamen Fritz hat vier Anschlüsse, von denen sicher schon welche belegt sind. Somit ist bei den Einzellösungen schnell Schluß mit dem smarten Heim.
Genau an dieser Stelle setzen Qivicon aber auch eQ-3 an. Sie verwenden eine Funkzentralen, auch HomeBase genannt, die mit dem Router verbunden werden und sämtliche Befehle gebündelt an Heizung, Licht oder Haushaltsgerät übertragen. Während die Befehle gebündelt über die HomeBase von Qivicon laufen, benötigt der Anwender auf seinem Smartphone oder Tablet noch die unterschiedlichen Apps der jeweiligen Anbieter, also von Miele oder eQ-3. Das ostfriesische Unternehmen eQ-3 ist mit seinen Produkten zur Haussteuerung bei Qivicon, RWE, Kabel Deutschland und unter dem Produktnamen HomeMatic im Markt vertreten.
Energiekosten senken
Neben zusätzlichem Wohnkomfort und Sicherheit geht es bei Smart Home um die Einsparung von Energiekosten. Wer seinen Energieverbrauch aus der Ferne organisiert, spart laut einer Studie des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit bis zu 30 Prozent Heizenergie. Mit der Smart Home-App von der Telekom lässt sich die Heizung komfortabel von unterwegs bedienen: Bis auf ein Grad genau wird die Temperatur eingestellt – in einzelnen Räumen oder im ganzen Haus. Auch das Start-up tado aus München verspricht Einsparungen bei den Energiekosten. Da sind sich die drei Gründer so sicher, dass sie beim Mietangebot (99 Euro pro Jahr) eine Preis-Garantie aussprechen. Wer im ersten Jahr nicht mindestens 120 Euro an Heizkosten spart, erhält die 99 Euro zurück.
Einen komplett anderen Ansatz verfolgt die aizo AG aus der Schweiz mit ihrem Produkt digitalSTROM. Sie macht mithilfe eines kleinen Chips jedes erdenkliche elektrische Gerät im Haushalt steuerbar. Für die Übertragung der Befehle nutzt das Unternehmen die vorhandene Stromleitung. Die zentrale Steuereinheit sitzt im Sicherungskasten. Von hier werden die Befehle an die Geräte übertragen. Entweder ist der Chip direkt im Gerät oder dem Schnurschalter integriert, alternativ kann unter dem Putz eine Lüsterklemme mit Chip verbaut werden. Der Anwender steuert das Licht, die Markise, die Rollläden oder die Musikanlage per App vom iPhone oder iPad. Die Chips schalten nicht nur, sie dimmen und messen auch. So zeigt die digitalSTROM-App den Energieverbrauch getrennt nach Räumen oder auch Geräten an. So lassen sich “Stromfresser” im Haushalt leichter identifizieren.
Damit die Befehle vom iPhone am Haushaltsgerät ankommen, muss noch die Brücke zwischen WLAN-Router und Sicherungskasten geschlagen werden. Das kann auch über die Stromleitung (Powerline) erfolgen. Die Schweizer setzen auf ein offenes System mit standardisierten Schnittstellen, sobald ein elektrisches Gerät einen Chip oder eine IP-Adresse hat, kann es angesteuert werden. Dank der Offenheit können auch freie Entwickler individuelle Anwendungen für die Haussteuerung integrieren. So ist es beispielsweise möglich, die LED-Lampen von Philips mit einzubinden. Dann blinkt die Wohnzimmerlampe beispielsweise zwei Mal, wenn es an der Haustür klingelt.
Die WLAN-Lampen von Philips mit den Namen Hue nutzen Leuchtdioden (LED). Sie erzeugen weißes Licht, können aber auch jede andere Farbe annehmen und lassen sich dimmen. Danke der LED-Technik verbrauchen sie wenig Strom und werden nicht warm. Über die App verwendet man die Leuchten als Wecker, läßt sich angehen, sobald man sich der Haustür nähert oder denkt sich verspielte Kombinationen über IFTTT aus. Beispielsweise das Blinken der Wohnzimmerlampe, wenn man auf einem Foto bei Facebook markiert wird.