Das iPhone und das iPad sind ein Zeitschriften-Kiosk. Schon immer konnte man Online-Artikel großer Medienmarken in Safari, einem RSS-Feed-Reader oder einer App lesen. Doch inzwischen sind auch sämtliche Print-Titel der Verlage online verfügbar – sei es als einzelner Artikel oder gleich als komplettes Magazin zum Blättern.
Unter den Angeboten habe ich mir Readly einmal näher angeschaut. Die App wird zu Recht als “Spotify für Magazine” bezeichnet. Zum einen beschreibt es die Funktionalität, zum anderen die Herkunft. Auch Readly stammt aus Schweden. Aktuell sind 1.431 Magazin-Titel in der App abrufbar. Mit dem 12-Monate-Archiv bekommt der Leser Zugriff auf 28.221 Zeitschriften. Genau wie bei Spotify kostet Readly 9,99 Euro pro Monat – eine Lese-Flatrate. Zu Beginn ist das Gefühl wie in einem Flughafen-Kiosk: “Wer kauft bzw. liest das alles hier?” Diese Frage stelle ich mir jedes Mal beim Blick auf die Kiosk-Regale am Flughafen. Aber es muss ein Publikum geben, sonst wären Titel wie Outdoor, ColorFoto oder Bayerns Bestes nicht mehr da.
Zum Start legt der Leser sein Profil mit Geschlecht und Geburtsjahr fest. Beides sind wichtige Faktoren bei seinem Medien-Interesse. Danach wählt man noch einige Favoriten-Titel aus, so dass die App weiß, welche Empfehlungen später gut ankommen werden. Bis zu fünf Profile kann man für die Familie in einem Konto anlegen. Es können zeitgleich fünf verschiedene Geräte mit dem Readly-Konto genutzt werden.
Nach Themen suchen
Die gewählten Magazine lädt man sich als komplette Ausgaben auf das iPhone oder iPad herunter. Ich bevorzuge das iPad aufgrund seiner Größe. Eine Magazin-Doppelseite ist darauf noch gut zu erkennen. Und falls nicht, hilft der Zoom (Kneifbewegung). Interessante Artikel bekommen ein Lesezeichen für die spätere Lektüre. Sei es in der Bahn, im Flugzeug oder im Liegestuhl am Pool oder Strand – der Offline-Modus macht´s mögich. Wirklich begeistert hat mich die Suchfunktion. Wenn ich wissen möchte, welche Redaktion gerade über Apple-Boss Tim Cook berichtet, gebe ich seinen Namen ein. Das Suchergebnis liefert mir Treffer in Ausgaben der Mac Life, Computer Bild, Börse Online und Euro am Sonntag. Ein Fingertipp führt mich direkt zum Artikel. So kann ich über alle Magazine hinweg nach Personen, Produkten, Themen oder einem Rezept suchen.
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Internationale Magazine lesen
Nie wieder gelangweilt im Bahnmagazin während einer Zugfahrt blättern oder sich über die veralteten Magazine im Wartezimmer beim Arzt ärgern: Mit Readly habe ich immer eine schier unendliche Auswahl aktueller Magazin unter dem Finger. Über die Funktionen Kürzlich gelesen und Favoriten findet man seine Magazine schnell wieder. Erscheint bei den Favoriten eine neue Ausgabe, erinnert mich Readly per Push-Mitteilung daran. Für Menschen, die nicht in der Nähe des beschriebenen Flughafen-Kiosks leben, bietet Readly eine internationale Magazin-Auswahl. Einfach in der Länderauswahl Türkei, Schweden oder USA auswählen und schon erscheinen in der Übersicht Hafta Sonu, Frida und The Hollywood Reporter.
Interessenten können Readly zwei Wochen kostenlos testen. Wer mag, kann das Magazin-Abo auch verschenken. Der Blätter-Effekt auf dem iPad vermittelt das gewohnte Lesegefühl. Der beleuchtete Bildschirm lässt Fotos und Grafiken brillanter und lebendiger wirken als auf Papier. Die Magazine im Test waren noch nicht um multimediale Funktionen wie beispielsweise Videos erweitert. Doch in den “Yellow Press”-Titeln konnte ich die Kreuzworträtsel innerhalb der App lösen.
Die Rosinenpicker im Zeitschriftenmarkt
Während Readly ein Kiosk mit kompletten Magazinen ist, gibt es inzwischen diverse Anbieter, die mediales Rosinenpicken anbieten. Hier erwirbt man einzelne Artikel aus klassischen Medien.
Da wäre zunächst die Hamburger Gründung Pocketstory, die in ihrer App einzelne Artikel aus Zeitungen und Zeitschriften anbietet. Direkter Wettbewerber ist das niederländische Unternehmen Blendle. Deren App Blendle Trending vereint die beliebtesten Artikel aus Zeitschriften und Zeitungen. Der Anbieter gewährt Interessenten zum Start einen Gutschein über 2,50 Euro. Einzelne Artikel aus deutschsprachigen Titeln kosten zwischen 0,25 und 0,79 Euro.
Die Berliner Gründung Newscase, bei denen man sich seine Wunschzeitung aus unterschiedlichen Titeln zusammenstellt, nennt seine Anwendung The World in one App. Allerdings wurde die App zuletzt im Mai 2015 aktualisiert, die jüngste Pressemitteilung auf der Webseite stammt von April 2015. Hier scheint also in jüngerer Vergangenheit wenig passiert zu sein.
Blickt man sich in Zügen oder Flugzeugen um, schaut die Mehrheit auf einen Bildschirm. Die Lufthansa hat keine Lust mehr, unnötiges Gewicht durch die Gegend zu fliegen. Zumal die gelesenen Zeitungen und Magazine einen Großteil des Mülls nach einem Flug ausmachen. Darum kann man sich vor seinem Flug mit seiner Buchungsnummer die gewünschten Magazine und Tageszeitungen als eJournals auf sein Tablet, Smartphone oder Tablet laden.
Klassischen Verlage haben also diverse digitale Vertriebswege für ihre Artikel oder komplette Magazine zur Auswahl. Versuche das Online-Magazingeschäft selbst in die Hand zu nehmen gab es. Gruner + Jahr gründete seinen e-Kiosk Pubbles 2010 als Gegengewicht zu Apples iTunes. Inzwischen ist das Angebot in Tolina Media als Zulieferer für eBook-Shops aufgegangen. Auch hier öffnet sich eine weitere Parallele zu Spotify. So wie die Streaming-Dienste den Musikverlagen den Vertrieb aus der Hand nehmen, passiert es auch in der Verlagswelt durch Readly und Co. Dem Nutzer soll es recht sein, Auswahl und Nutzungsmöglichkeiten sind auf den iGeräten einfach besser.