Die Internetkonferenz next09 der SinnerSchrader AG in Hamburg stand unter dem Motto Share Economy. Vereinfacht gesagt: Wer seine Ideen, Inhalte und Angebote allen zugänglich macht, erhält mehr zurück, als er weggibt. Eine faszinierende These, die vor allem Jeff Jarvis, gut rüber brachte.
Negativer Höhepunkt einer ansonsten großartigen Veranstaltung war für mich der Programmpunkt: “Mobile oder: Die wirtschaftlichen Konsequenzen, nicht mobil zu sein.” Auf dem Podium saßen Raimund Schmolze, Vice President Business Development & Innovation der Telekom sowie Christian Magel, Gründer und Chief Marketing Officer von simyo. Dabei leistete sich der Vertreter der Telekom eine peinliche Produktshow – holte ein Gerät nach dem anderen aus seiner Tasche. Man muss bei Twitter nur mal nach #next09 und Telekom suchen.
Auf meine Frage, wann denn die Telekom in der Share Economy und im Zeitalter der Offenheit ankommen würde und endlich die Minutenpreis zugunsten von echten Flatrates über Bord werfe (alles vor dem Hintergrund einer angekündigten Blockade der Skype-App auf dem iPhone), antwortet Schmolze mit der vollkommen unglaubwürdigen Begründung, die auch schon zuvor der Pressesprecher bemüht hat: Können die gewohnte Sprachqualität im Netz nicht garantieren und bevor Kunden das der Telekom anlasten, sperren wir lieber die VOIP-Anwendung. Gelächter im Publikum. Ich würde an dieser Stelle gern zum Video verlinken, doch das fehlt hier. Es war bereits online, aber Schmolze entzog den Veranstaltern seine Zustimmung zur Veröffentlichung. Mich wundert es nicht, aber was wohl Herr Magel dazu sagt, der sich gut geschlagen hat.
Die aktuelle Diskussion um Skype auf Mobiltelefonen macht eins deutlich: Die Provider zittern um ihr Geschäftsmodell. Wenn alle immer und überall mit ihrem Handy online sind, dann machen Minutenpreise keinen Sinn mehr. Damit steht das gesamte Tarifmodell aller Anbieter auf der Kippe. Während sie alle in ihrem Backbones so genannte Next Generation Networks betreiben, die auf die IP-Technologie setzen, wollen sie die Technik auf der letzen Meile zum Kunden verbieten. Wie verlogen ist das dann? Da droht nicht nur Ärger mit wütenden Verbrauchern, sondern auch mit EU-Telekom-Kommissarin Viviane Reding. Sie forderte nationale Regulierer auf, „gegen Unternehmen vorzugehen, die unter Ausnutzung ihrer Marktmacht innovative Dienste ausbremsen“.
Kleiner Einschub: Bei all meinem technischen Verständnis, fällt es mir überaus schwer zu glauben, die Telekom-Ingenieure könnten tatsächlich eine Technik im Netz installieren, die auf allen Hotspots, egal ob privat oder öffentlich, erkennt, dies ist ein Skype-Datenpaket und zieht es daraufhin aus der Leitung. Der technische Aufwand steht in keinem Verhältnis zum ökonomischen Nutzen. Da wäre es einfacher, beim Geschäftsmodell auf Flatrates umzusatteln. Genauso schätze ich die Lage beim “Surf-Stopp” ein. Angeblich ist bei meinem Datentarif nach 300 MB im Monat Schluß. Dann wird der Datenhahn auf Tropfgeschwindigkeit zugedreht. Das ist eine Warnung an Spammer. Ich kenne niemanden, der das schon mal erlebt hat und falls doch, bitte melden. Auch hier ist der technische Aufwand so enorm, festzustellen, wo ich überall in der Republik in einem Monat Daten gesaugt habe und dies zu addieren, dass ich einfach nicht daran glauben kann.
Derzeit wird diskutiert, ob Mobilfunkprovider nun Sondertarife für Skype auf dem Handy kassieren sollen, ob Vodafone und T-Mobile das Nokia N97 mit oder ohne Skype ausliefern werden. Dies alles ist Beleg für meine These: Die Telcos sind noch nicht in der Share Economy angekommen. Und sie werden dort auch nie ankommen. Sie haben panische Angst davor, zu reinen Infrastrukturdienstleistern zu verkommen. Sie teeren die Autobahnen, aber die Autos wollen sie auch bauen. Das wird niemals funktionieren. Die attraktiven Inhalte und Anwendungen kommen ganz woanders her. Apples AppStore ist ein tolles Beispiel, wie man vom Wissen und der Kreativität der Massen in der neuen arbeitsteiligen Wirtschaft profitieren kann. Apple gab den Entwicklern die passenden Werkzeuge in die Hand und neun Monate später hat man rund 40.000 Anwendungen für ein Smartphone im Angebot. Ein Unternehmen hätte das allein nie geschafft. Etwas weggeben, aber mehr zurück erhalten. Telekom, dass wirst Du nie begreifen.
Nachtrag: Vodafone kopiert nun immerhin das Konzept eines AppStores über verschiedene Plattformen hinweg.
“Genauso schätze ich die Lage beim “Surf-Stopp” ein. Angeblich ist bei meinem Datentarif nach 300 MB im Monat Schluß. Dann wird der Datenhahn auf Tropfgeschwindigkeit zugedreht. Das ist eine Warnung an Spammer. Ich kenne niemanden, der das schon mal erlebt hat und falls doch, bitte melden. Auch hier ist der technische Aufwand so enorm, festzustellen, wo ich überall in der Republik in einem Monat Daten gesaugt habe und dies zu addieren, dass ich einfach nicht daran glauben kann.”
T-Mobile drosselt tatsächlich! Habe das trotz teuerstem Vertrag am eigenen Leib erleben müssen. Und auf der Rechnung sind alle (ALLE) Verbindungen byte-genau aufgezählt.#
Scheint also kein allzu großes Problem für T-Mobile darzustellen.
Ich hoffe, dass sie bald eine unbegrenzte Flatrate rausbringen!
@Thorsten Was soll ich von einem Kommentar halten, dessen IP bei einer Whois-Abfrage die Deutsche Telekom als Absender anzeigt? Nur über die Telekom eingewählt? Scan doch mal die Abrechnung und lass sie mir zukommen, Deine Adressdaten kannst Du ja schwärzen.
Host p54A52EC9.dip0.t-ipconnect.de
Location DE DE, Germany
City Dudweiler
Organization Deutsche Telekom AG
ISP Deutsche Telekom AG
AS Number AS3320 Deutsche Telekom AG
Ich bin eigentlich kein Telekom-Basher…bin sogar mit meinem Complete-M Vertrag sehr zufrieden…aber was sollen diese behämmerten Aussagen bzgl. VoIP “…sperren wir lieber die VoIP-Anwendungen” von dem Bauchladenverkäufer namens Schmolze?
Das die Telekom ein lahmarschiger Gigant und nicht der hippe und coole magentafarbene Innovations-Schuppen (als den sie sich selber gerne darstellt) ist…das wissen doch alle!?!
Ich muß Dirk zustimmen, man sollte lieber Wege finden mit neuen Geschäftsmodellen Geld zu verdienen als Zeit und Aufwand für die Sperrung von aktuellen Trends (wenn diese Vokabel mal ausreichend ist) zu verpusten. Aber ein Verbot scheint ja besser in das Geschäftsmodell zu passen…oder ist es einfach nur schneller durch die Entscheidungsgremien zu bekommen, welche ja bei der Telekom sehr breit gefächert sind.