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Mit dem Tesla S P85D auf der Supercharger Rallye von Hamburg nach München – 2. Etappe

Morgens bringt der Fotograf einen Wagen hoch zum Herkules-Denkmal in Kassel. Bereits im Morgengrauen sind Touristen unterwegs. Wie überall, erregt der Elektrowagen auch hier Aufmerksamkeit. Ein Gruppe Chinesen begutachtet den Wagen und ist sofort für einen Fotospaß zu haben. Tesla mag in China Absatzprobleme haben, aber die Chinesen zeigen sich interessiert.

Auf der zweiten Etappe der Supercharger Rallye sitzt Deutschland-Geschäftsführer Philipp Schröder auf dem Beifahrersitz, während ich fahre. Beim Plaudern lässt er einige Zahlen fallen: Im März 2015 hatte Tesla mit 211 zugelassenen Fahrzeugen einen Rekordmonat, nachdem das Jahr auch in Deutschland schwach gestartet ist. Da hat man im März in der Oberklasse sogar den Porsche Panamera als auch den 7er BMW hinter sich gelassen. Während die klassischen Hersteller ihre Zahlen mit Händlerzulassungen schönen können, sind es bei Tesla „harte Zahlen“, denn es gibt keine Händler. Wagen werden nur zugelassen bzw. überhaupt erst gebaut, wenn es eine Kundenorder gibt. Auch bei Rabatten ist Tesla strikt: „Es gibt keine“, sagt Schröder, “Keine Ausnahmen.” Die Tesla-Gemeinde ist gut vernetzt, das würde sich schnell herumsprechen und die Preise verderben. Selbst bei Flottenfahrzeugen für Unternehmen ist Tesla strikt. Doch mit der Gründung einer eigenen Leasinggesellschaft will das Unternehmen flexibler agieren, auch was Firmenfahrzeuge angeht.

Tesla Country Director für Deutschland: Philipp Schröder

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Ladestand per App kontrollieren

Wir haben Kassel um 10:50 Uhr mit 224 Kilometer Reichweite im „Tank“ verlassen. Über die A7 geht es zum Supercharger am Maxi Autohof in Malsfeld, den wir schon nach einer halben Stunde erreichen. Heute Morgen ist es empfindlich kühl. Fast alle Fahrer bleiben während des Ladens im Wagen. Nur ein Fahrer steht mit seinem Smartphone auf dem Parkplatz, checkt aber keine Mails, sondern seinen Ladestand. Per App sieht ein Tesla-Fahrer wie weit die Batterie geladen ist bzw. wie viele Kilometer er schafft, selbst wenn er sich gerade in einem der nahegelegenen Restaurants oder Imbisse aufhält.

Der Tesla Funk-Autoschlüssel

Auch das Schlüssel-Konzept von Tesla gefällt mir. Eigentlich kann man gar nicht mehr von einem Schlüssel sprechen. Die Funkfernbedienung hat Form und Größe eines Tesla-Modellautos. Ein Fingerdruck auf´s Dach öffnet den Wagen. Wer die Hände voll hat, kann den Schlüssel auch in der Tasche lassen. Sobald sich der Fahrer dem Wagen nähert, fahren die Türgriffe aus. Zum Starten des Wagens muss der “Schlüssel” irgendwo im Wagen liegen – einstecken muss man ihn nicht.

Freigabe bis zu Tempo 250 km/h

Wir verlassen den Autohof mit einer Reichweite von 286 km. Bis zu unserem nächsten Ziel am Supercharger in Neuberg sind es 152 Kilometer, das sollte reichen. Ich bin heute morgen Beifahrer und mein Fahrer will noch Beschleunigungstests machen. Über Nacht kam ein Software-Update, laut Versionsbeschreibung sind damit Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h möglich. Das bietet Tesla nur in Deutschland an, denn überall sonst auf der Welt existieren Tempolimits um die 130 km/h. Die irre Höchstgeschwindigkeit kann man natürlich nur auf kurzen Strecken bzw. nur für einige Minuten fahren. Zum einen saugt es die Batterie schnell leer, zum anderen drohen die beiden Elektromotoren zu überhitzen. Dann regelt die Software automatisch herunter. Trotz Update schaffen wir es nur bis 215 km/h, schneller wird der Tesla S P85D nicht. Die neue Software enthält also doch noch nicht alle Freigaben.

Route der 2. Etappe von Kassel nach Wiesbaden (Anklicken zum Vergrößern)

Kurz nach unserem Sprint erscheint im Navigations-Fenster die gelbe Warnung: „Langsam Fahren, um Ihr Ziel zu erreichen.“ Dem beugen wir uns natürlich. Das Navi zeigt uns eine alternative Route über die A5 zum Supercharger in Mücke. Mit dem Update kam auch ein erweiterter Reiseplaner. Der Fahrer gibt sein Fahrtziel ein, die Software berechnet, ob der Wagen es mit der vorhandenen Ladung schafft. Falls nicht, wird eine Route via Schnellladestation berechnet. Die errechnete Ankunftszeit berücksichtigt den Ladestopp.

Die Vögel in den Bäumen hören

Was das Navi nicht weiß, heute ist kurz hinter Alsfeld die A5 komplett gesperrt. Wir müssen runter auf die Landstraße. Die Routenführung, die mit Google-Maps arbeitet, will uns keine Strecke über Landstraße berechnen. Das System ist auf Autobahnen und die Supercharger ausgelegt. Man kann bei der Routenplanung Autobahnen nicht ausschließen. Doch nach einigen Minuten Fahrt hat das Navi ein Einsehen und springt automatisch auf eine Bundesstraßen-Route. Die 70 Kilometer bis zum Supercharger in Neuberg sollten wir schaffen. Der Weg führt uns durch kleine Dörfer, zart grüne Wälder und vorbei am Nidda-Stausee. Eine malerische, frühlingshafte Landschaft und uns wird klar, der Tesla macht auf der Landstraße noch viel mehr Spaß. Glasdach sowie Fenster sind offen und neben den Rollgeräuschen kann man die Vögel in den Bäumen zwitschern hören. Wie auf Schienen gleitet das Elektroauto durch die Kurven des hügeligen Wetteraukreis. Den Trecker vor uns zu überholen, ist beschleunigungstechnisch zwar ein Leichtes, nur wird es bei seinen Zwillingsreifen und meiner Breite von 2,20 Meter schon etwas eng auf der Landstraße.

Der Tesla-Song

Die Schnelladestation in Neuberg erreichen wir mit 23 km Restreichweite. Knapp, aber wir hatten nie das Gefühl, wir könnten liegenbleiben. Am Supercharger sind wieder etliche Tesla-Besitzer aus der Region mit dabei und begrüßen die Rallye-Teilnehmer. Zu unserem Troß gehört seit dem Start auch Martin Storm aus Brunsbüttel. Der Tesla-Besitzer hat für die Rallye einen Tesla-Song geschrieben, den er mit Gitarre zum Besten gibt. Der Refrain ist eingängig und wir Zuhörer haben für heute einen Ohrwurm. Wieder einmal ist belegt, dass Tesla-Fahrer es mit Überzeugung tun, dabei geht es nicht nur um PS und Reichweite. Storm ist es beispielsweise wichtig, dass er CO2-frei fährt.

Gruppenfoto aus der Luft

Nach dem Mittagessen geht es vorbei an Frankfurt in Richtung Wiesbaden. Für die 70 Kilometer brauchen wir knapp eine Stunde, auf der Autobahn ist viel los. Alle Rallye-Teilnehmer treffen sich auf dem Marktplatz, der ansonsten für den Verkehr gesperrt ist.

Zusammen mit den Besitzern aus der Region stehen am Nachmittag 35 Tesla S vor der Marktkirche. Ein imposantes Bild, das ein Rallye-Teilnehmer mit einer Drone fotografiert. Zum Fototermin ist auch Staatssekretär Mathias Samson aus dem hessischen Wirtschaftsministerium gekommen. Er lässt sich von Philipp Schröder das Auto ausführlich erklären. Mir geht es wieder so, dass Umstehende sofort ein Gespräch beginnen und mir Löcher in den Bauch fragen. Das ist mir keineswegs unangenehm und bereitwillig öffne ich die Heckklappe, Türen und Fronthaube, unter der ein weiteres Gepäckfach sichtbar wird.

Hier endet die zweite Etappe. Die Rallye-Teilnehmer bleiben über Nacht in der hessischen Landeshauptstadt. Bis hierhin stehen 812 Kilometer auf dem Display (inklusive diverser Testfahrten mit Interessenten bei den Stopps). Seit dem Start in Hamburg haben wir 231 Kilowattstunden Energie verfahren was im Durchschnitt 285 Wh/km entspricht. Ein Gefühl dafür, ob das viel oder wenig ist, hat man als Benzin-Autofahrer nicht. Doch dem Tesla-Fahrer kann es egal sein, zum einen kostet ihn der Strom am Supercharger nichts, zum anderen bezieht Tesla Ökostrom von seinen Lieferanten.

Den ersten Teil lesen oder weiter zu Etappe 3: Von Wiesbaden nach München

Mit Fotos von Wolfgang Groeger-Meier
Dirk Kunde: Dirk Kunde ist Journalist und Autor. Den roten Faden seiner Arbeit bildet die Frage: Wie verändert die Digitalisierung unser Leben? Dabei spielt Mobilität durch Smartphones, Tablets und Apps eine entscheidende Rolle.
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