Jeff von onlinemba.com hat mir eine Mail geschrieben, weil ich bei einer Grafik auf seine Seite verlinkt habe: Er möchte, dass ich den Link entferne. Dem Wunsch bin ich nachgekommen und ich verlinke auch in diesem Beitrag nicht auf ihn. Jeff hat Angst, dass iPhone-Fan.de negativ auf seine Position im Google-Suchindex “abfärbt”. Der Anlass: Der Suchriese hat diesen Monat Pinguin 2.0 von der Eisscholle gelassen.
Bissiger Pinguin
Im Allgemeinen sind die Bewohner der Antarktis niedliche Tiere, mit ihren weißen Bäuchen und dem schwarzen “Frack”. Doch Googles Pinguin (Penguin) ist bissig und hinterhältig. Im April 2012 nahm er mir aus unerfindlichen Gründen ein Drittel meiner Seitenzugriffe und stellte kurz darauf meinen Page Rank auf Null. Keine Ahnung, warum mich das so hart getroffen hat. Also googelte ich. Mit dem Update der Suche wollte Google Spammer treffen als auch Seitenbetreiber, die es beim SEO (Search Engine Optimization) übertrieben hatten. Warum haben Sie dann mich erwischt? Ich bin Journalist und schreibe hier Artikel über iPhone und iPad. Von SEO habe ich zwar schon gehört, verfüge jedoch nur über oberflächliche Kenntnisse. Von Black Hat SEO war auf den Trefferseiten die Rede. Ich hatte keine Ahnung, was sich hinter dem Begriff verbirgt.
Ich hätte gern bei Google angerufen und gesagt: “Leute, Euch ist da ein Fehler unterlaufen.” Aber das hätte wohl wenig gebracht. Also fragte ich die mir bekannten SEO-Experten. Der Konsens lautete: Lösch alle “schlechten Links”, die auf Deine Seite verweisen. Hä? Also vereinfacht ausgedrückt: Die Seite A ist eine olle Linkschleuder und hat einen Link zu iPhone-Fan.de gesetzt, dann übernehme ich automatisch das schlechte Karma dieser Seite – jedenfalls in den Augen des Google Suchroboters. Führen viele Links von miesen Seiten zu mir, geht mein Google-Karma eben auf Null.
Generalverdacht
Ich schreibe hier seit 2007 und habe auf tausende Seiten verlinkt, etwa genauso viele Links dürften zu meiner Seite führen. Nun könnte ich wie Jeff, die miesen Typen bitten, die Links zu iPhone-Fan.de zu löschen. Aber wer sind die miesen Typen? Das kann mir keiner so genau sagen. Also müsste ich wie Jeff alle bitten und einen Neustart der Seite hinlegen. Ehrlich gesagt habe ich so eine Mail geschrieben als mich der Pinguin erstmals im April 2012 zwickte (Das war übrigens so um dem 20. April, ein Schelm wer hier historische Zusammenhänge herstellt). Es war mir so unglaublich peinlich, weil ich mit meiner Mail den Empfänger unter Generalverdacht stellte. Und dann hat der auch noch total nett und verständnisvoll reagiert. Ich habe keine zweite Mail geschrieben.
Für alle, die es eilig haben und nicht bis zum Schluß weiterlesen möchten, komme ich direkt zum Punkt: Liebes Google, Du lässt uns Seitenbetreiber durch Reifen springen, aber nicht wir haben etwas falsch gemacht, sondern Du! Warum sieht und sagt das eigentlich keiner mal laut? Gut, vielleicht hat es auch etliche Spammer und Black Hats getroffen, aber wenn auch Seiten wie iPhone-Fan.de im Netz hängen bleiben, dann sind die Maschen halt zu eng gewebt.
SEO-Buchstabensuppe
Als technikgläubiger Schreiberling habe ich anfänglich natürlich den Fehler bei mir gesucht. Ich wollte wieder einen besseren Page Rank und mehr Besucher. Bevor der erste Pinguin angeschwommen kam, hatte ich rund 3.500 Seitenaufrufe pro Tag. Heute bin ich froh, wenn ich es auf 1.000 schaffe. Anfänglich habe ich mich in die Niederungen des SEO-Buchstabensalats begeben. Mein WordPress-Theme war alt und schwer. Also musste ein neues, responsives im HTML5-Format her. Die Größe der Startseite schrumpfte von sechs auf zwei MB. Schließlich war mir klar, wie schnell eine Seite geladen wird, fließt in den Google-Index ein. Dann habe ich mir noch das WordPress SEO-Plugin des Niederländers Joost de Valk installiert. Ach ja, die Seiten werden natürlich schneller ausgeliefert, wenn Sie “gecacht”, also vorher zusammengebaut und komprimiert sind. Darum habe ich W3 Total Cache installiert und bezahle Geld für ein Content Delivery Network (CDN). Das ist wie einem Auto, wenn man fürs Tanken bezahlt und danach noch einen teuren Zusatz hinterher schüttet, damit der Wagen schneller fährt. Ich bezahle also einen Hoster, damit meine Dateien auf deren Servern liegen und in Form einer Webseite ausgeliefert werden. Zusätzlich bezahle ich einen CDN-Anbieter dafür, dass er meine statischen Elemente (Bilder, Grafiken etc.) bei einem Seitenaufruf einige Millisekunden schneller beim Betrachter auf den Schirm lädt. Honoriert Google ja alles.
Ich liefere brav meine XML-Sitemaps in den Webmaster-Tools von Google ab, damit die Suchmaschine es einfacher hat. Ich habe eine Google+ Seite eingerichtet und mein Autorenprofil mit meinem Google+ Konto verbunden. Die Präsenz im Social Network des Suchriesens soll ja gerüchteweise mehr Traffic bringen. Das ist ein bisschen so, wie Leute, die sich im Tennisclub des Chefs anmelden, um dort gesehen zu werden. Gut, der Chef hat meinen Page Rank inzwischen von Null auf Vier angehoben, nach dem Seiten-Relaunch im Herbst 2012 ging es kurzzeitig mal aufwärts. Aber insgesamt entwickeln sich die Seitenzugriffe negativ. Derweil schaue ich regelmäßig bei Seitwert und Pingdom nach dem Wohlbefinden meiner Seite, messe sozusagen den Puls. Was dabei herauskommt, ist nicht erfreulich.
Google redet immer mit
Wer mit Bannern versucht Geld zu verdienen, weiß, was sinkende Zugriffszahlen bedeuten. Display-Werbung ist auf kleineren Seiten wie meiner eh ein Einnahme-Witz. Der Link-Verkauf läuft ganz gut. Doch das ist dünnes Eis, denn Google redet bei allem mit. Der Suchriese ist mit Adsense und Adwords der dominierende Anbieter dieser Werbeform, doch wehe man macht das auf eigene Kappe. Bei verkauften Links achte ich sehr genau darauf, dass sie thematisch zur Seite passen und das Verhältnis zum redaktionellen Inhalt stimmt. Als altmodischer Journalist würde ich Inhalte und Werbung gern deutlich sichtbar für den Leser trennen. Also sage ich meinen Kunden, ich schreibe dann “Sponsoring” oder “Anzeige” an den Link. Dann ist erst mal Ruhe am anderen Ende der Telefonleitung oder man hört ein genervtes Stöhnen. Das will absolut keiner! Warum? Die Antwort ist immer gleich: Das wertet Google negativ, dann ist der Link nichts mehr wert.
Die Großen gewinnen
Jeder kann im Internet publizieren. Ja, ja, davon war ich auch mal begeistert. Sich als Autor von Verlagen unabhängig machen. Schön gedacht, die anfänglichen Erfahrungen mit meinen Webseiten waren positiv und auch nachdem ich die sehr hohe Apple-Zulassungshürde für den iBookstore genommen habe, bin ich angetan vom Anfangserfolg meiner eBooks. Doch halten wir einen Moment inne, bücken uns und heben den roten Faden auf, der zu unseren Füßen liegt. Das Internet schaltet Zwischenhändler aus und große werden immer größer. In meinem Fall sind die Verlage die Zwischenhändler. Dass meine Seite allerdings größer wird, kann ich mir abschminken. Das Internet fördert Monopole, vielleicht läßt es manchmal noch Oligopole zu. Google (Suche und vieles mehr), Apple (Musikvertrieb), Amazon (eCommerce), eBay (Auktionen) und Facebook (Soziale Netzwerke) dominieren ihre jeweiligen Segmente. Auf Platz zwei und drei gibt es nur Krümel aufzuheben. Auf die Nachrichten-Welt übertragen heißt das, bei Technikthemen werden Heise & Co. die Nase vorn haben, bei allgemeinen Nachrichten Spiegel Online und auf dem Boulevard Bild.de. Ein Update wie Penguin 2.0 fördert diese Entwicklung noch, weil die Suchmaschine diesen Anbietern eher vertraut und die Betreiber sich das SEO-Kno how kaufen können.
Ob diese Entwicklung gut ist? Keinesfalls. Das Internet spiegelt uns eine Vielfalt vor, die es nicht gibt. Wir haben in den vergangenen Jahren in Deutschland viel Geld und Mühe aufgebracht um alte Telekommunikations-, Transport- und Energie-Monopole zu zerschlagen. Im Internet wird das nicht möglich sein. Und so diktiert Google konkurrenzlos die Spielregeln. Wir Seitenbetreiber springen und suchen die Fehler bei uns, auch wenn man Larry und Sergey entgegenschreien möchte: “Guys, you screwed up, not me!”
Vielleicht ist es auch allgemeiner zu sehen. Es gibt immer mehr Blogs. Viele Leute sind auch bei Facebook und Google+. Dazu noch Nachrichten über alle Kanäle und ab und an ist auch mal schönes Wetter. Ich merke das bei mir auch. Ich hab derzeit immer weniger Lust all das Zeug zu lesen.
Ein guter Punkt. Außerdem überrascht es nicht wirklich, wenn ein Thema nach fünf Jahren Existenz sich ein wenig abnutzt. Zu Beginn waren die Blogs thematisch allein auf weiter Flur. Heute konkurrieren wir mit den Mainstream-Medien. Bild tickert live von Apple-Produktpräsentationen und ein iPhone-Thema schafft es meist einmal pro Woche auf die Startseite von Bild.de. Da ist es klar, dass Reichweite einfach umverteilt wird.
Aber mein zentraler Punkt des Artikels bleibt: Es nicht gut, wenn Google bei inhaltlichen und wirtschaftlichen Belangen einer Webseite letztendlich das Sagen hat.
Ich will ja nicht böse klingen, aber vielleicht liegt es ja auch am Content und nicht nur an Google…
Ich empfinde das nicht als böse. Wie bei allen Dingen im Leben, gibt es auch hier mehrere Ursachen. Die Aktualität, Qualität und Häufigkeit mit der Inhalte veröffentlicht werden, spielen natürlich auch eine Rolle.