Die Nutzer sind das wichtigste Kapital für soziale Netzwerke. Dass der US-Anbieter Facebook ungefragt mit den Namen seiner Mitglieder Werbung schaltete, ging den Usern dann doch zu weit. Jetzt rudert das Unternehmen eilig zurück.
Als Unternehmsberater Klaus Eck Anfang April bei Google nach seinem eigenen Namen suchte, entdeckte er Erstaunliches. Neben den gewöhnlichen Suchergebnissen fand er auch eine Werbung mit seinem Namen. „Klaus Eck ist auf Facebook. Melde dich jetzt an“, warb das US-Unternehmen Facebook.
„Rufschädigendes Vorgehen“
„Beinahe sprachlos“ sei er gewesen, berichtet der Unternehmensberater. „Schließlich können Unternehmen nicht einfach so ohne Gegenleistung mit meinem Namen werben.“ Der Marketing-Profi veröffentlichte seine Beobachtung in seinem Weblog und fragte seine Leser, ob sie schon Ähnliches erlebt hatten.
Und das hatten sie: Immer mehr deutsche Mitglieder des sozialen Netzwerks stellten fest, dass der US-Anbieter, der erst vor Kurzem in Deutschland offiziell startete, mit ihrem Namen warb. Und beschwerten sich in zahlreichen Weblogs darüber. So schreibt Vorzeige-Blogger Johnny Häusler, dass die Kampagne sicher clever sei, für ihn hat das Unternehmen aber eine Grenze überschritten: „Ich empfinde das Vorgehen eher als rufschädigend – ich möchte selbst entscheiden, wer wofür mit meinem Namen wirbt.“ Häusler legte seinen Facebook-Account still.
Weltweite Lizenz auf Nutzerdaten
Viele User schlugen in den Nutzungsbedingungen nach, welche Rechte sie Facebook eigentlich erteilt hatten. Sie staunten nicht schlecht: So lässt sich das Unternehmen automatisch eine „weltweite Lizenz“ an Nutzerinhalten erteilen, auch die Verwendung zu Werbezwecken wird ausdrücklich erwähnt.
Nach Meinung des Stuttgarter Anwalts Carsten Ulbricht reicht diese Klausel allerdings nicht aus, um ungefragt mit dem Namen der Mitglieder zu werben. „Eine Veröffentlichung ohne die Zustimmung des Namensinhabers ist unter Zugrundelegung des deutschen Datenschutzrechts unzulässig“, schließt der Anwalt in einer Analyse. Von dem Vorgehen der Amerikaner zeigt er sich überrascht: „Man sollte doch eigentlich davon ausgehen, dass sich ein Unternehmen wie Facebook auch für den interessanten deutschen Markt ständig von einem Anwalt beraten lässt, der sich im Datenschutz und im Internetrecht auskennt.“
Wichtige Mund-zu-Mund-Propaganda
Gerade für Web-Unternehmen wie Facebook ist diese Art von Publicity fatal. Obwohl sich das Unternehmen nach einer Geldspritze von Microsoft klassische Werbung leisten kann, setzt das Portal hauptsächlich auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Zufriedene Mitglieder sollen ihre Freunde von dem Netzwerk überzeugen und so neue User anwerben.
Im Umkehrfall müssen die Unternehmen schnell reagieren, um ein Abwandern der Nutzer zu verhindern. So schaltete die Foto-Community Flickr im vergangenen Jahr nach heftigen User-Protesten einen umstrittenen Jugendschutzfilter wieder ab. Auch der deutsche Platzhirsch StudiVZ entschloss sich vor fünf Monaten, eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen teilweise zurückzunehmen, die dem Berliner Unternehmen erlaubt hätte, seinen Mitgliedern SMS-Werbung zuzusenden.
Auch in diesem Fall zeigte sich Facebook – notgedrungen – einsichtig. Eine Sprecherin versicherte gegenüber FOCUS Online, dass das Feedback der Nutzer sehr wichtig sei, konnte aber keine näheren Angaben zu der Werbeaktion machen. Das Unternehmen verweist auf die Privatsphäre-Einstellungen, in denen jeder Nutzer genau festlegen könne, welche Informationen er von sich veröffentlicht sehen wolle. Dass die Kritik offenbar angekommen ist, können die Nutzer inzwischen bei Google sehen: Die umstrittenen Namensanzeigen sind seit heute verschwunden.