Facebook: Ungefragt zum Werbeträger

Dienstag, 22.04.2008, 15:17 · von FOCUS-Online-Autor
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Facebook (Screenshot) Wer nicht in die Werbefalle tappen will, muss genau nachlesen

Die Nutzer sind das wichtigste Kapital für soziale Netzwerke. Dass der US-Anbieter Facebook ungefragt mit den Namen seiner Mitglieder Werbung schaltete, ging den Usern dann doch zu weit. Jetzt rudert das Unternehmen eilig zurück.

Als Unternehmsberater Klaus Eck Anfang April bei Google nach seinem eigenen Namen suchte, entdeckte er Erstaunliches. Neben den gewöhnlichen Suchergebnissen fand er auch eine Werbung mit seinem Namen. „Klaus Eck ist auf Facebook. Melde dich jetzt an“, warb das US-Unternehmen Facebook.

„Rufschädigendes Vorgehen“

„Beinahe sprachlos“ sei er gewesen, berichtet der Unternehmensberater. „Schließlich können Unternehmen nicht einfach so ohne Gegenleistung mit meinem Namen werben.“ Der Marketing-Profi veröffentlichte seine Beobachtung in seinem Weblog und fragte seine Leser, ob sie schon Ähnliches erlebt hatten.

Und das hatten sie: Immer mehr deutsche Mitglieder des sozialen Netzwerks stellten fest, dass der US-Anbieter, der erst vor Kurzem in Deutschland offiziell startete, mit ihrem Namen warb. Und beschwerten sich in zahlreichen Weblogs darüber. So schreibt Vorzeige-Blogger Johnny Häusler, dass die Kampagne sicher clever sei, für ihn hat das Unternehmen aber eine Grenze überschritten: „Ich empfinde das Vorgehen eher als rufschädigend – ich möchte selbst entscheiden, wer wofür mit meinem Namen wirbt.“ Häusler legte seinen Facebook-Account still.

Weltweite Lizenz auf Nutzerdaten

Viele User schlugen in den Nutzungsbedingungen nach, welche Rechte sie Facebook eigentlich erteilt hatten. Sie staunten nicht schlecht: So lässt sich das Unternehmen automatisch eine „weltweite Lizenz“ an Nutzerinhalten erteilen, auch die Verwendung zu Werbezwecken wird ausdrücklich erwähnt.

Nach Meinung des Stuttgarter Anwalts Carsten Ulbricht reicht diese Klausel allerdings nicht aus, um ungefragt mit dem Namen der Mitglieder zu werben. „Eine Veröffentlichung ohne die Zustimmung des Namensinhabers ist unter Zugrundelegung des deutschen Datenschutzrechts unzulässig“, schließt der Anwalt in einer Analyse. Von dem Vorgehen der Amerikaner zeigt er sich überrascht: „Man sollte doch eigentlich davon ausgehen, dass sich ein Unternehmen wie Facebook auch für den interessanten deutschen Markt ständig von einem Anwalt beraten lässt, der sich im Datenschutz und im Internetrecht auskennt.“

Wichtige Mund-zu-Mund-Propaganda

Gerade für Web-Unternehmen wie Facebook ist diese Art von Publicity fatal. Obwohl sich das Unternehmen nach einer Geldspritze von Microsoft klassische Werbung leisten kann, setzt das Portal hauptsächlich auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Zufriedene Mitglieder sollen ihre Freunde von dem Netzwerk überzeugen und so neue User anwerben.

Im Umkehrfall müssen die Unternehmen schnell reagieren, um ein Abwandern der Nutzer zu verhindern. So schaltete die Foto-Community Flickr im vergangenen Jahr nach heftigen User-Protesten einen umstrittenen Jugendschutzfilter wieder ab. Auch der deutsche Platzhirsch StudiVZ entschloss sich vor fünf Monaten, eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen teilweise zurückzunehmen, die dem Berliner Unternehmen erlaubt hätte, seinen Mitgliedern SMS-Werbung zuzusenden.



Auch in diesem Fall zeigte sich Facebook – notgedrungen – einsichtig. Eine Sprecherin versicherte gegenüber FOCUS Online, dass das Feedback der Nutzer sehr wichtig sei, konnte aber keine näheren Angaben zu der Werbeaktion machen. Das Unternehmen verweist auf die Privatsphäre-Einstellungen, in denen jeder Nutzer genau festlegen könne, welche Informationen er von sich veröffentlicht sehen wolle. Dass die Kritik offenbar angekommen ist, können die Nutzer inzwischen bei Google sehen: Die umstrittenen Namensanzeigen sind seit heute verschwunden.

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Leser-Kommentare (6)
23.04.2008
studiVZ macht das nicht

von mcgreg

Die haben ein klares Statement abgegeben, dass Profile und sonstige Mitgliederdaten nicht für Suchmaschinen sichtbar sind. Antwort schreiben

23.04.2008
Auch andere Community-Seiten machen das

von nyranger

Ich habe eben mal gegooglet. Mein Name taucht doch nicht direkt bei facebook auf, aber bei stayfriends. Das ist also eine Masche aller Community-Seiten im WWW. Finde ich persönlich eine Frechheit. Antwort schreiben

23.04.2008
wie der Name schon sagt: Facebook !

von faceless

Erst entbössen die Menschen in Scharen auf einer ständig wachsenden Zahl von Internetportalen ihr Privatleben und ihre Personendaten, dann jammern sie, wenn sie plötzlich in Suchmaschinen auftauchen. Also bitte, jeder ist sein eigener Datenschützer und jeder entscheidet selbst, wo er Personalien veröffentlicht und welche Dienste er überhaupt nutzt. Nicht "die Anderen" sind Schuld! Antwort schreiben

23.04.2008
Es entpuppt sich eben doch als Geldmacherei

von Anonym

Und dies ist sicher erst der Anfang, bzw. der Anfang des Entdeckten. Sicher sind die Mitglieder sozialer Netzwerke mitschuld, wenn ihre Daten mißbräuchlich behandelt werden. Allerdings sollte es in sozialen Netzwerken klare Bedingungen geben, in wie weit Mitgliederdaten auch außerhalb genutzt werden dürfen. Dies hat zumindest rechtlich noch keine Grundlage. Antwort schreiben

23.04.2008
Ungefragt zum Werbeträger

von Aviva

ich habe gerade nachgeschaut bei google, mein Name ist nciht mehr DIREKT, aber als Freund bei anderen im Facebook bin ich immer noch. Also nix mit einsichtig. Antwort schreiben

22.04.2008
Google

von Philipp König

Fast genauso schlimm finde ich, dass wenn ich bei Google nach meinem Namen suche, ich Ergebnisse von Seiten aus meiner Website finde, welche zwar noch auf dem ftp-Server liegen, aber für User überhaupt nicht verknüpft sind, also praktisch blinde Links. Dafürber bin ich überrascht. Ich will schließlich nicht sämtliche Seiten vom Server löschen, nur weil sie nicht verlinkt sind. Antwort schreiben

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